Auch Wut und Zorn gehören zur Trauer. Wut auf den Verstorbenen, der sich einfach so davongemacht hat, auf die Ärztin, die viel früher hätte handeln müssen. Hass auf den Rest der Welt, der einfach so glücklich weiterlebt, als ob nichts geschehen sei. Wut auf mich selbst, weil ich dem Menschen, der gegangen ist, nicht genug gesagt und gezeigt habe, wie sehr ich ihn liebe. Zorn über das Schicksal und auf Gott. Warum gerade mein Mann, meine Freundin, mein Kind? Warum gerade ich? Warum?
Manche von uns lassen ihrer Wut freien Lauf. Sie schimpfen, schreien, klagen an. Andere schlucken ihre Wut hinunter, weil sie schon früh gelernt haben, dass sie nicht wütend sein dürfen. Oder sie verwandeln ihre Wut in Energie, machen Sport oder stürzen sich in die Arbeit.
Eng verbunden mit der Wut sind zwei Gefühle, die oft hinter ihr verborgen liegen – die Verletztheit und die Angst. Möglicherweise hilft uns die Wut, dass wir uns nicht ohnmächtig oder ängstlich oder verletzt fühlen. Wir können fragen, wofür unsere Wut gut ist, wovor sie uns schützt. Und wir können sie „umarmen“, ihr nachgehen und so unsere eigentlichen Gefühle aufspüren.
Alle Gefühle, die wir haben, sind erlaubt. Manchmal sind sie allerdings schwer auszuhalten. Für mich, für andere. In diesen Zeiten kann es hilfreich sein, wenn wir mit uns selbst ins Gespräch kommen: Was ist der Grund, warum ich mich jetzt so ängstlich oder ohnmächtig oder wütend fühle? Welche Möglichkeiten gibt es, um meine Gefühle so ausdrücken zu können, dass ich andere damit nicht verletze? Was könnte ich anders machen? Wer könnte mir beistehen?
Die eigenen Gefühle anzuerkennen, ist der erste Schritt, heilsam damit umzugehen.